Neuer Wallfahrtsdirektor beeindruckt von Maria Vesperbild

„Ein Kraftort, der Mut macht“

ZIEMETSHAUSEN – In seinen ersten drei Wochen in Maria Vesperbild habe er mehr Beichten gehört als in den letzten zehn Jahren zusammen, berichtet Michael Menzinger über seine ersten Erfahrungen als Wallfahrtsdirektor der „schwäbischen Hauptstadt Mariens“. Am Sonntag, 17. März,  wird er von Bischof Bertram Meier in sein neues Amt eingeführt. Das Pontifikalamt in der Wallfahrtskirche beginnt um 10.15 Uhr.

Herr Wallfahrtsdirektor, schon als Kind, später als Reporter für die Katholische SonntagsZeitung haben Sie Maria Vesperbild erlebt. Hätten Sie sich jemals ausgemalt, dass Sie einst selbst dort wirken werden?

Tatsächlich bin ich in den wichtigen Phasen meines Lebens auf das Gnadenbild von Maria Vesperbild gestoßen. Als Kommunionkind, als Theologiestudent – und da als Reporter für unsere Katholische SonntagsZeitung – und später als Pfarrer zur Besichtigung des Blumenteppichs. Wenn ich so nachdenke, kann ich ehrlicherweise die Frage nur mit Nein beantworten.

Die ersten Gottesdienste haben Sie schon hinter sich, mit Ostern naht der Höhepunkt im Kirchenjahr. Erzählen Sie uns von Ihren ersten Eindrücken und Erlebnissen.

Die erste Heilige Messe feierte ich hier an Lichtmess. Früher war es üblich, die Stelle zu diesem Zeitpunkt zu wechseln oder zu bleiben. Weil ich aus einer Bauern- und Arbeiterfamilie stamme, bin ich mit diesen Umstellungen vertraut. 

Eine Geschichte aus dem Anfang in Maria Vesperbild kann ich gleich erzählen. Es war eine Pilgergruppe aus Bergatreute da und ganz viele wollten beichten. Ich bin einfach so in der Kirche gewesen, um zu hören, wie der Mitbruder die Pilgergruppe begrüßt und das hier in Maria Vesperbild gemacht wird. In einem Beichtstuhl saß bereits ein Priester, der Beichte hörte, und es standen richtig viele Leute an. Wohl, weil ich den Priesterkollar trug, sprach mich eine Pilgerin an und sagte: „Schauen Sie mal! Sehen Sie nicht, dass da so viele Leute zur Beichte da sind? Schauen Sie, dass Sie in den Beichtstuhl kommen, wie es sich gehört.“ Bis zum Beginn der Heiligen Messe hatte ich dann noch zehn Beichten.

Haben Sie in Maria Vesperbild bereits einen Lieblingsplatz?

In der Wallfahrtskirche ist mein Lieblingsplatz – wenn man das so nennen kann – am Gnadenaltar. Dort schaue ich bei der Wandlung bei der Erhebung des Leibes und des Blutes Christi direkt in die Seitenwunde Christi, aus der die Sakramente der Kirche entspringen. Zu deren Feier bin ich beauftragt als Priester. So eindrücklich, wie einem das in Vesperbild gezeigt wird, konnte das nicht einmal Michelangelo in Rom mit seiner Pietà ausdrücken.

Wer Maria Vesperbild besucht, der geht am Kreuzweg entlang zur Grotte mit der Fatimamadonna, meinem zweiten Lieblingsort. Unfassbar, wie viele Tröstungen Menschen dort erfahren. 

Und der dritte Lieblingsplatz liegt auf dem Weg: die Statue des heiligen Pater Pio. An Pater Pio bewundere ich, wie geradlinig er seinen Weg als Priester gegangen ist, obwohl er viele Bedrängnisse hatte. Er hat den Weg der Demut beschritten und konnte fürsorglich für die da sein, die ihn aufsuchten oder ihm einen Brief geschrieben haben. Und er hatte die Gabe, an zwei Orten gleichzeitig zu sein – das wäre momentan für mich auch hilfreich.

Die Wallfahrtskirche ist aufwendig saniert worden. Vor welchen Aufgaben stehen Sie nun?

In der Tat erstrahlt die Wallfahrtskirche in neuem Glanz. Da hat sich mein Vorgänger Monsignore Erwin Reichart richtig reingekniet, nicht nur was die Statik und die Kunst angeht, sondern auch in Fragen der Akustik, Beleuchtung und moderner Technik, etwa für Liveübertragungen aus der Kirche. Er hat mir auch ein Netzwerk engagierter Leute überlassen: Priester und Laien, Ministranten und Wallfahrtschor. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Da ich für einige Sanierungen von Kirchen, Pfarrhäusern und Pfarrheimen verantwortlich war, weiß ich, welche Kraft einem diese Aufgaben abfordern. Ein Ort wie Maria Vesperbild steht immer vor Herausforderungen. Hier sind die Toilettenanlagen mit dem Pilgerhaus auf der Agenda.

Diese Frage zielt wohl nicht nur auf die bauliche Ebene. Eine Wallfahrt wie Maria Vesperbild, die aus unterschiedlichen Gründen so beliebt ist, bedarf der ständigen inneren Erneuerung. Hier ist ein Kraftort, der den Pilgern Mut zum Leben macht, auch in den Bedrängnissen unserer Zeit. In den seelsorglichen Begegnungen ist spürbar, wie diese verwirrte Zeit, was Zivilgesellschaft und Weltzusammenhänge angeht, die Menschen beschäftigt, ja, bisweilen fertigmacht. Auch beschimpft zu werden für die eigenen Ansichten treibt so manchen in die innere Emigration, auch was den Glauben angeht, aber – und davor warne ich Staat und Gesellschaft –auch was die politische Einstellung angeht. Die neu entstehende Kultur, Menschen, die nicht dem Zeitgeist entsprechen, als rechts, bisweilen als rechtsradikal zu bezeichnen, hilft nicht, die dahinterstehenden Pro­bleme und Ängste zu lösen.

Was möchten Sie anders machen als Ihre Vorgänger – oder bleibt alles beim Alten?  

Zunächst stehe ich in der Tradi­tion meiner Vorgänger und ich halte es mit dem Apostel Paulus, der sagt: Prüft alles, das Gute behaltet. Meine Vorgänger haben jeweils Neues unternommen und so wird es auch bei mir nicht ausbleiben.

Nach Maria Vesperbild kamen schon viele große Namen. Wen würden Sie gern einmal als Gast begrüßen?

In meinem Heimatort gab es einen kleinen Laden. Die Seniorchefin sagte immer wieder: Warum denn in die Ferne schweifen, wo das Gute liegt so nah. Genügt das als Antwort? Freilich werden wir das 325-jährige Wallfahrtsjubiläum und das Heilige Jahr 2025 gebührend in Maria Vesperbild feiern.

Interview: Romana Kröling, Johannes Müller

13.03.2024 - Bistum Augsburg